Was wir aus der Politikwerkstatt Mobiles  Arbeiten gelernt haben

Vor wenigen Wochen endete die vom Arbeitsministerium ausgerichtete “Politikwerkstatt Mobile Arbeit” mit einem Workshop zum Thema Führung und Unternehmenskultur. Mehr als 100 Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften haben sich in den vergangenen neun Monaten darüber ausgetauscht, wie mobiles Arbeiten ermöglicht werden kann und dabei unter anderem über die Rolle von Büros, Homeoffices und Coworking-Spaces gesprochen, über die Perspektiven und Wünsche der Beschäftigten, Arbeitszeit und Arbeitsschutz und über ein verändertes Verständnis von Führung.

Für die Mobile Work Alliance hat die Politikwerkstatt einige der wichtigsten Herausforderungen bei mobiler Arbeit herauskristallisiert:

Aus dem “Arbeitsort” werden Arbeitsorte

Bei mobiler Arbeit kann der Arbeitsort so gewählt werden, dass er der Aufgabe und den Präferenzen der Arbeitnehmer:innen am besten entspricht. Arbeit findet nicht mehr primär im Büro und auch nicht notwendigerweise vor allem im Homeoffice statt. Stattdessen werden Büros zu Orten der Kollaboration, Homeoffices der präferierte Ort für konzentriertes Arbeiten und Coworking-Spaces und andere “dritte Orte” bieten Gelegenheit für sozialen Austausch.

Mitarbeitende wollen mehr Flexibiliät

Der Trend zu mobiler Arbeit entspricht einem Bedürfnis der Mitarbeiter:innen, dem Arbeitgeber entsprechen müssen, um Fachkräfte zu halten. Einer Studie von Zoom zufolge spielt die Option, im Homeoffice arbeiten zu können, für 77 Prozent der deutschen Arbeitnehmer:innen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Jobangebot. Mobile Arbeit erlaubt es den Mitarbeiter:innen, ihren Arbeitsalltag und ihr Privatleben flexibler zu gestalten, sie sparen Pendelzeit und gewinnen dadurch an Lebensqualität. Anstatt dort leben zu müssen, wo sie arbeiten, können viele Arbeitnehmer:innen heute dort arbeiten, wo sie leben wollen.

Es braucht klare Richtlinien auf Betriebsebene

Mobile Arbeit birgt allerdings auch Risiken, etwa durch das Verschwimmen von Arbeitszeit und Freizeit, gesundheitliche Risiken durch eine mangelnde Ausstattung des Arbeitsplatzes oder soziale Isolation. Unternehmen, die hybride Arbeitsformen erfolgreich etabliert haben, adressieren diese Risiken durch Richtlinien zur (Nicht-) Erreichbarkeit, Stipendien für die Ausstattung des Arbeitsplatzes zu Hause oder in einem Coworking-Space und kuratierte Programme für den sozialen Austausch innerhalb und zwischen Teams.

Welche Maßnahmen am besten geeignet sind, diese Risiken zu adressieren, hängt von unterschiedlichen Kriterien ab, etwa Demografie, dem genauen Tätigkeitsprofil und davon, wie zentral oder dezentral das Unternehmen organisiert ist. Formate wie die Politikwerkstatt helfen dabei, “best practices” zu etablieren und einen Wissenstransfer zwischen Unternehmen zu organisieren.

Unterschiedliche Herausforderungen erfordern unterschiedliche Antworten

Diese Thesen werden auch durch durch wissenschaftliche Erkenntnisse wie die Studie “Work from Home: Von der Pandemienotlösung zum Konzept multilokaler Arbeit” untermauert, die Martin Christian Höcker, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt, auf dem Sommerempfang der Mobile Work Alliance vorstellte.

Die Studie befragte 1.136 Bürobeschäftigte nach ihren Einstellungen zu mobiler Arbeit und kam zu dem Ergebnis, dass – unabhängig vom Alter der Befragten – der Wunsch nach häufigerem Arbeiten im Homeoffice groß ist. Grund dafür sind insbesondere individuelle Präferenzen und der Wunsch nach geringeren Pendelzeiten. Zudem gaben die Befragten an, im Homeoffice produktiver und insgesamt zufriedener zu sein. Die Hälfte der Studienteilnehmer:innen empfindet die Vermischung von Arbeit und Privatem im Homeoffice sogar als angenehm.

Mit Bezug auf die notwendigen Veränderungsprozesse für eine flexible Arbeitswelt gaben 45 Prozent der Beschäftigten an, Einfluss auf die Entwicklung von Zielvorgaben nehmen zu können. Zugleich sind die Erwartungen der Belegschaft nicht homogen, was sich auch darin zeigt, dass zwar der Wunsch nach weniger Arbeit im Büro besteht, zugleich aber erwartet wird, dass im Büro ein voll ausgestatteter Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Hybrides Arbeiten ist die neue Normalität

Hier zeigt sich die Bedeutung klarer Richtlinien für hybride Unternehmen wie die Mitglieder der Mobile Work Alliance: Beim Finanzdienstleister SKP zum Beispiel regelt eine Betriebsvereinbarung, dass der primäre Arbeitsplatz der meisten Beschäftigten das Homeoffice ist, während im Büro (dem SKPlab) nur noch wenige Einzelarbeitsplätze vorgehalten werden. Auch bei Dropbox gilt “remote first”: Alle Prozesse sind so gestaltet, dass sie ortsunabhängig funktionieren. Die Büros dienen überwiegend für Kollaboration und Teambuilding, während Einzelarbeit im Homeoffice oder in Coworkingspaces stattfindet.

Mit dem Ende der Politikwerkstatt geht der Konsultationsprozess des Arbeitsministeriums zu Ende. Die Diskussion zeigt, dass hybrides Arbeiten die neue Norm der Arbeitswelt ist. Deutlich wurde ebenfalls, dass Unternehmen viel voneinander lernen können, um hybrides Arbeiten zu etablieren.